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    Produkt-Bewertung

    Shadow of the Colossus

    zum Produkt

    Matteo D.

    Shadow of the Colossus hat vor zwölf Jahren beeindruckt. Fumito Ueda und Team ICO inszenierten auf der PlayStation 2 ein ästhetisch und spielerisch einzigartiges Abenteuer. Die begehbaren Kolosse verblüfften ebenso wie die auf das Wesentliche reduzierte Regie. Bluepoint Games und Sony Japan Studio versprachen ein modernisiertes Remake für PlayStation 4, das dem Spielgefühl des Originals treu bleiben sollte. Wie schlägt sich dieser Meilenstein der Videospielgeschichte nach zwei Konsolengenerationen?

    Einleitung
    Ich selbst bin passionierter Gamer und verfolge die Spieleindustrie seit mehr als 24 Jahren. Der aktuelle Trend der Spieleentwickler ist das produzieren von Remakes von Spieletiteln vergangener Zeiten. Viele gefeierte Abenteuer verlieren spätestens nach vier, fünf Jahren an Faszination. Nicht etwa weil die Technik die üblichen Fortschritte macht und alles hübscher aussieht. Sondern vielmehr, weil sich innerhalb einer Reihe oder eines Genres auch das Spieldesign und sich damit die Ansprüche weiterentwickelt haben. Fest steht: Dass das Jüngere auch das Bessere ist, ist natürlich keine Gesetzmässigkeit. Die umsatzgetriebenen Zielsetzungen einiger grosser Publisher haben zu fatalen qualitativen Rückschritten und fragwürdigen Standards im Spieldesign geführt. Und nicht wenige "moderne" Abenteuer sind den "alten" Pionieren immer noch unterlegen. Es gibt nur sehr wenige Abenteuer, die dem grössten aller Kritiker, nämlich der Zeit, wirklich standhalten. Dazu müsste seine Ästhetik zeitlos, sein Spieldesign unerreicht und sein Konzept immer noch so einzigartig sein, dass ich nicht mal eben zwei, drei bessere Nachfolger aufzählen könnte. Es müsste beim erneuten Spielen nicht nur für ein nostalgisches Déjà-vu, sondern für eine Gänsehaut und ein kräftiges "Wow!" sorgen. Somit komme ich zu Shadow of the Colossus.

    Story
    Warum riskiere ich hier mein Leben? Aus Verzweiflung. Aus Trauer. Vielleicht auch aus Liebe. Ich stecke in der Haut eines jungen Helden, der eine Tote in ein verbotenes Reich geleitet hat. Kein Sterblicher darf diese heiligen Grenzen überschreiten. Aber wieso wurde sie geopfert? Ich wollte dieses Schicksal nicht akzeptieren. Ich wollte die Götter um Hilfe bitten. Und sie haben mich erhört: Nur, wenn ich sechzehn Kolosse töte, wird sie wiederbelebt. Deshalb lag die bleiche Schönheit auf dem Rücken meines schwarzen Pferdes Agro, deshalb lenkte ich die Stute mit stoischem Blick durch ein uraltes Tal. Ich befinde mich nach zwölf Jahren wieder auf dieser Quest ohne Rückfahrtschein. Und weil ich weiss, dass das Finale aufgrund seiner hervorragenden Dramaturgie zu den besten der Videospielgeschichte gehört, lasse ich mich sehr gerne fallen...

    Gameplay/Atmosphäre/Grafik/Sounddesign/Technik
    Das Klettern auf die Kolosse sind Momente, die man auch im Jahr 2018 nicht so schnell vergisst, denn es gibt einfach nichts Vergleichbares - und das nach so langer Zeit! Manche Spiele wie Castlevania: Lords of Shadow haben es mit ihren Bossen versucht. Und auch wenn sich kürzlich The Legend of Zelda: Breath of the Wild sehr stark von diesem Prinzip inspirieren liess, erreichen dessen ebenfalls spektakulär designten Endgegner nicht diese Intensität des Augenblicks. In Zelda erkunde ich sie eher, hier kämpfe ich um jeden Meter. Es gibt also immer noch nichts, das diese Adrenalinkicks auslöst, die während der spektakulären Drahtseilakte auf, unter und an riesenhaften Kreaturen entstehen. Dieses Spiel definierte den Begriff "Bosskampf" völlig neu - und ist damit immer noch einsame Spitze. Egal ob zwei- oder vierbeinig, mit Keulen oder Hörnern bewaffnet, schwimmend oder fliegend - macht euch auf Kolosse gefasst, die diesen Namen mit jeder Polygonfaser verdienen. Jeder hat seine eigenen Stärken und Schwächen, jeder muss auf eine bestimmte Art besiegt werden. Die Umgebung wird klug in die Kämpfe miteinbezogen: Mal wirft die Wucht eines Geysirs die Riesen um, mal müsst ihr einstürzende Säulen nutzen, mal müsst ihr sie gezielt in Abgründe locken oder auf dem Rücken eures Pferdes reitend den idealen Absprungmoment finden. Ist man erstmal auf dem Riesen, wird es einfacher, auch wenn es nicht so scheint: Die Kolosse brüllen vor Wut, während sie sich kraftvoll schütteln, nach euch schlagen oder mit ihren riesigen Füssen trampeln. Man muss geduldig Schwächen suchen, rechtzeitig in die Knie gehen, um wieder Kraft zu schöpfen oder sich nach einem Abwurf wieder aufrappeln, um von vorne loszuklettern.

    Lange Phasen der Stille, in denen man nur den Wind rauschen oder wehmütige Akkorde hört, wechseln sich mit brachialen Paukenschlägen ab, die die Erde erzittern lassen. Gerade von dieser Ruhe vor dem nächsten Sturm profitiert der Spielrythmus enorm. Aus erzählerischer Sicht ergibt das auch Sinn: Man bewegt sich in einem heiligen Land, an einem mystischen Ort, an dem Menschen nichts zu suchen haben und erforscht ein unbewohntes Gebiet mit verlassenen Ruinen und Katakomben. Schade ist vielleicht, dass die Reihenfolge der Gegner festgelegt ist wobei dem Spieler die Freiheit gelassen wird ob man den nächsten Zielort ignorieren und einfach drauflosreiten will - man wird nicht durch künstliche Levelschläuche gezwängt, darf frei nach Norden, Süden, Osten oder Westen ziehen. Auf der Suche nach dem nächsten Kampf reitet ihr durch eine Landschaft, die vor allem in ihrer Vielfalt fasziniert. Rotsandige Wüsten, weite Steppen, sanfte Hügel oder zerfurchte Schluchten mit verträumten Seen. Obwohl es auch im Remake keine Menschenseele oder gar Dörfer und Quests gibt, ist die Spielwelt mit Kleintieren bewohnt, welche euch ab und zu begleiten. Das sind stille, fast schon majestätische Momente.

    Schon der Einstieg in diese Welt verblüfft, die im Vergleich zum Original wesentlich lebendiger wirkt - es ist bemerkenswert, was das texanische Team von Bluepoint vor allem landschaftlich hinzugefügt hat. Man hat fast das Gefühl, dass jemand ein altes Gemälde so meisterhaft restauriert hat, dass es endlich in Farbe sichtbar wird. Die komplett neuen Surroundeffekte sowie das neue Lichtdesign, das je nach Wetter und Klima ganz andere Facetten zeigen kann sind bemerkenswert. Sandstürme und nahenden Unwetter gab es vorher nicht. Hinzu kommen nicht nur Fussspuren im Sand oder tolle Übergänge beim Tauchen, sondern erneut klasse Stimmungswechsel, wenn man vom Hellen ins Dunkle reitet, nur dass sie jetzt akustisch und visuell noch markanter wirken. Es gibt nirgends Questmarker oder Zielmarkierungen, lediglich natürliche Landmarken, Berge, Höhlen oder Tempel.
    Trotzdem geht es nicht nur um diese grandiose Technik, sondern vor allem um die immer noch einzigartige Ästhetik: Schon das Intro lässt ein Gefühl von wehmütiger Tragik aufkommen, das weit entfernt ist von billig inszeniertem heroischem Plot. Auch nach mehrmaligem anschauen des Intros hat es ihre Wirkung auch 2018 nicht verloren. Ohne grosse Worte wird man Teil einer ganz besonderen, nahezu sakralen Stimmung. Man wünscht sich zig weitere Spiele in dieser Welt. Fumito Ueda hat ein Tor geöffnet, durch das man hoffentlich irgendwann nochmal gehen kann.

    Kritik
    Bei aller Euphorie gibt es lediglich kleinere Defizite. Da ist zum einen das etwas zu saubere Gesicht des jungen Helden, das fast an Porzellan erinnert - dabei hat er doch eine weite Reise zu Pferd sowie Stress hinter sich. Hier hätte man durchaus etwas Schmutz, Schweiss und Anspannung in seine makellose Mimik bringen können.
    Da ist zum anderen die Steuerung, die zwar von den neuen Optionen sowie modernen Ergänzungen profitiert, aber die immer noch die seit ICO bekannte und auch in The Last Guardian zu beobachtende Sprunghaftigkeit besitzt. Die Trägheit in den Bewegungen empfinde ich sogar als gut, denn so bleibt man nicht nur dichter am Original, sondern macht aus dem Jungen keinen modernen Akrobaten.

    Fazit
    Es ist unbeschreiblich, wie intensiv sich dieses Shadow of the Colossus nach all den Jahren anfühlt. Das liegt nicht nur daran, dass das Remake zu den technisch besten der Videospielgeschichte gehört, so dass sich Kenner des Originals verblüfft umsehen werden: Die Kolosse wirken spektakulärer, die verwunschene Landschaft deutlich lebendiger, es gibt eine ganz neue Flora, Geheimnisse sowie Steuerungszusätze. Man reitet durch pompöse Schluchten, verwaiste Ruinen und an rauschenden Wasserfällen vorbei, um gegen Kolosse zu kämpfen, die mit jedem Tritt die Erde beben lassen, springt vom Pferderücken auf fauchende Flugdrachen, die auf eine Achterbahnfahrt Richtung Himmel durchstarten. Ein Wechselbad der Gefühle und Emotionen, so dass eine monumentale Sogkraft entsteht, die weder The Witcher 3 noch The Legend of Zelda: Breath of the Wild erzeugen. Obwohl nicht viel erzählt wird, weht die ganze Zeit über ein epischer Wind, ein einzigartiger Rhythmus zwischen Ruhe und Sturm, der in einem grossartigen Finale nochmal tragisch aufheult. Selbst im Jahr 2018 kann dieses Abenteuer mit seiner auf das Wesentliche reduzierten Spiel- und Erzählweise einen herrlich frischen Kontrapunkt setzen. Warum? Weil es weder einen zweiten oder dritten Teil gab noch irgendein Abenteuer, das auch nur ansatzweise mit dieser Regie mithalten kann. Ästhetik und Konzeption sind bis heute unerreicht. Es ist eine digitalisierte künstlerische Vision, die in diesem vorbildlichen Remake einer neuen Generation zugänglich gemacht wird. Es herrscht von der ersten bis zur letzten Minute eine erhabene, fast schon sakrale Stimmung. Für mich ist Shadow oft he Colossus ein zeitloses Meisterwerk.


    Gesamt
    97%
    Grafik
    98%
    Sound
    98%
    Story
    93%
    Technik Innovation Schwierigkeit

    +hervorragendes Remake

    +wunderbare Landschaften erstrahlen in neuem Licht

    +orchestrale melancholische Musik

    -Mimik/Gesicht des Helden wirkt zu sauber

    -Steuerung & Kamera manchmal etwas zickig


    gespielt: 10h | beendet: |07.02.2018
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    Matteo D.

    Status: Aktiv


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