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    Produkt-Bewertung

    Final Fantasy 7 Remake

    Michel B.

    Final Fantasy 7 hat bereits 1997 einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen, und das nicht nur, weil es technisch seiner Zeit um fast 5 Jahre voraus und mein erstes J-RPG war. Auch das Gameplay konnte mich auf Anhieb begeistern. Zudem wuchsen mir die einzigartigen Charaktere schnell ans Herz und die dramatischen Storyereignisse haben gar dazu geführt, dass ich mich dieser Spielerfahrung bis heute kein zweites Mal mehr stellen konnte.

    Trotzdem war ich angesichts der Remake-Ankündigung begeistert – zumindest bis die ersten Gameplay-Szenen im Internet auftauchten, die mich angesichts der actionreichen Inszenierung und Barrets wüstem fluchen wiederum skeptisch stimmten. Auch waren die letzten FF-Spiele nicht gerade spielerische und erzählerische Meilensteine. Dennoch wagte ich den Release-Kauf letztendlich ohne weitere Spieleindrücke abzuwarten und tatsächlich begeisterte und berührte mich das FF7 Remake auf eine Art und Weise, wie ich es nicht für möglich hielt.

    Schon anhand des Intros merkt man, dass es sich bei diesem Remake und der FF7 Erzählung um ein besonderes Spiel handelt. Nur wenige Games bieten eine derart eindrückliche Spielüberleitung. Wir sehen die Stadt Midgar und erhalten ein visuelles Verständnis für diese Welt. Wir begegnen der bezaubernden Aerith, der eben so wenig Beachtung geschenkt wird, wie der zu Boden fallenden Blume, die achtlos zertrampelt wird. Und wir erkennen, dass die Welt unter der kalten, industriellen Umarmung langsam zu ersticken droht - womit uns das Spiel auch gleich mit einigen seiner gesellschaftskritischen Hauptthemen konfrontiert.

    Einzigartig ist hier allerdings auch ein anderer Erzählaspekt, der sich nur FF7 Kennern offenbart und auch da nicht von allen verstanden wird. Denn das Remake ist keine simple 1 zu 1 Nacherzählung. Hier wird gekonnt mit den Gefühlen und Erwartungen der Fans gespielt und das auf eine Weise, über die man letztendlich Stundenlang diskutieren kann. (Was unzählige Spoilertalkvideos und Fantheorien entsprechend untermauern.) Auch auf mich hatte das Spiel einen Effekt, den ich so eigentlich nur aus Matrix 1 kannte, als man damals nach der ersten Filmhälfte in die Kinopause ging und sich alle verdutzt angesehen haben. Und auch hier wandelte sich meine anfängliche Skepsis mit wachsendem Verständnis in absolute Begeisterung. Denn das Spiel vermochte mich wie kein anderes Unterhaltungswerk auf eine tränenreiche, emotionale und überraschende Achterbahnfahrt zu schicken, die nicht etwa langsamer wurde oder mich gegen eine Wand fahren liess, sondern aktuell in so ziemlich alle Himmelsrichtungen verläuft und mich damit emotional genau da stehen lässt, wo die Spielcharaktere stehen. Vor einem genauso faszinierenden, imponierenden und ehrfürchtigen Horizont, den es mit mutigen Schritten und neuer Hoffnung zu erkunden gilt.
    Zu verdanken haben wir dies scheinbar dem Produzenten Yoshinori Kitase, der ohne einlenkende Worte seitens Direktor Tetsuya Nomura und Co-Direktor Naoki Hamaguchi ungleich drastischere Änderungen angestrebt haben soll, auf die aber leider nicht weiter eingegangen wurden. Aber kommen wir zum Gameplay:

    Spielerisch wird man gut ins Spiel geführt. Die vielen Erklärungen zu Beginn des Spiels machen zudem klar, dass das Spiel wesentlich komplexer geworden ist. Hier besitzt jede Waffe eine eigene Spezialfähigkeit, die einmal gelernt auch mit anderen Waffen genutzt werden kann. Ausserdem verfügt jede Waffe über einen eigenen Talentbaum zum Steigern der Angriffs- und Charakterwerte. Das wichtigste sind jedoch die Materia-Slots. Das sind Einkerbungen für Materia-Steine, die den Charakteren entsprechende Fähigkeiten verleihen, und mit genügend Erfahrungspunkten ebenfalls im Rang steigen. Diese Fähigkeiten lassen sich wiederum über ATB-Balkenladungen aktivieren die im Kampf erst mal gefüllt werden müssen. Dies geschieht zwar automatisch, allerdings beschleunigt jeder Echtzeit-Treffer auf den Gegner die Balkenladung erheblich – sofern der jeweilige Charakter aktiv gesteuert wird. Deshalb sollte man während eines Kampfes auch Gebrauch von allen Charakteren machen / eine gute Gruppendynamik anstreben, und seine Mitstreiter nicht gänzlich der KI überlassen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Gegner gerne den aktiv gesteuerten Charakter fokussieren und Zauberfähigkeiten unterbrechen können. Aber auch Konterangriffe, Blocks und Ausweichrollen sind für den Sieg entscheidend, wobei jeder Charakter andere Stärken besitzt.
    Genial ist auch, dass bei der Fähigkeitsauswahl das Kampfgeschehen in Slow-Motion weiter läuft. So lassen sich nicht nur die tollen Animationen in Zeitlupe begutachten, man erhält auch viel Zeit für seine Entscheidungen. Ein Vorteil den sonst nur rundenbasierte Spiele bieten. Wobei sich Befehle auch einer L1 Tastenkombination zuweisen lassen, was eine flüssige Angriffs-Verkettung erlaubt.

    Alles in allem hat Square Enix damit das für mich beste und spassigste Gruppen-Kampfsystem überhaupt entwickelt (auf normaler und schwerer Schwierigkeitsstufe), auch wenn es im Luftkampf noch einige Schwächen gibt und sich keine Verhaltenseinstellungen vornehmen lassen. Insbesondere hätte ich es aber begrüsst, wenn sich sämtliche HUD-Informationen und der spezielle Zeitlupen-Bildeffekt hätten ausblenden lassen.

    Abseits der Kämpfe verläuft die Erkundung der Spielwelt übrigens mehrheitlich linear. Es gibt zwar einige HUD-Gebiete, Dialogentscheidungen mit minimalem Einfluss, an die 20 Nebenquests, zahlreiche Arena-Kampf-Herausforderungen, einen NewGame+ Modus und einige Minispiele (Geschicklichkeits- Und Rhythmus- Aufgaben) sowie Kampf-Motorradsequenzen, aber man kann hier eigentlich alles gut ohne Lösungshilfe beenden / finden.
    Einzig einige Trophäen sind etwas komplexer. (Für Platin muss man an die 80-120 Stunden einrechnen.) Und die Storyerzählung nimmt natürlich auch zig Stunden ein – wobei man Sequenzen pausieren und überspringen kann. Doch mir sind diese selbst nach dreimaligem durchspielen noch lange nicht verleidet. Wobei ich das Spiel sowohl in Japanisch und Englisch als auch in Deutsch durchgespielt habe. Die englische Fassung ist bei der Übersetzung etwas freier – in Deutsch klingen dafür einige emotionale Szenen und Nebencharaktere nicht immer stimmig. Aber im grossen und ganzen ist jede Sprachoption ein Genuss. Wobei auch die räumliche Soundabmischung gelungen ist. 100% verdient der Sound des Spiels aber insbesondere wegen des Soundtracks. Für mich ist es der soweit beste Spielsoundtrack überhaupt. Ich habe mir hier gar die 8 Disc umfassende CD-Collection gekauft (die teurer als das Spiel selbst ist) und höre seit Monaten kaum was anderes mehr.

    Auch grafisch spricht mich das Spiel mehr an als andere Spiele. Sicher gibt es hier zahlreiche Texturschwächen und der Detailgrad steht abseits der Videosequenzen ebenfalls in keinem direkten Verhältnis zu aktuellen Referenztiteln. Aber was zählt ist letztendlich, wie gerne man sich in der jeweiligen Spielwelt bewegt (Immersion) und ob einen diese begeistern kann. Und dies ist den Machern mittels eines einzigartigen und charmanten Welten- und Charakterdesigns, und spektakulären Licht- und Partikeleffekten absolut gelungen. Ausserdem war das Spielerlebnis für mich auch jederzeit flüssig und bugfrei und das Speichersystem lässt auch kaum Kritik zu.

    Perfekt ist FF7re trotz meiner 100% Wertung (meiner ersten überhaupt) aber dennoch nicht. Die Durchspielzeit von 30-60 Stunden ist für manche zu kurz. Das offene Ende und die lange Wartezeit auf den nächsten und den übernächsten Teil passen nicht jedem. Die Storyänderungen und das „over-the-top“ Finale sorgen für viel Diskussionsstoff. Das mehrheitlich lineare Leveldesign bietet wenig Entdeckungsfreiraum. Kapitel 14 dient eher der Spielzeitstreckung, sofern man sich allen Nebenmissionen annehmen will. Wobei man der Kanalisation so oder so einen zweiten Besuch abstatten muss. Und man muss sich auch für die Charaktere und die Geschichte begeistern können (ebenso für das Kampfsystem), da das Spiel entsprechend viel Zeit für diese aufwendet. Meine 100% Wertung darf man deshalb auch nicht als uneingeschränkte Spielempfehlung ansehen.

    Vielmehr spiegelt diese meine persönliche Spielerfahrung wieder, die für mich soweit die eindrücklichste war. Die hier erzählte Geschichte nahm, in mehrfacher Hinsicht, aber auch schon in den 90iger Jahren seinen Anfang, als vieles noch unserer Fantasie überlassen blieb. Und doch vermittelte mir das Remake nach all diesen Jahren sofort ein freudiges Gefühl der Heimkehr, was sowohl für die Qualität des Remakes als auch des Originals spricht. Dass gekonnt mit den Emotionen und Erwartungen der Fans gespielt wird und das auf eine Weise, welche die geschichtliche Vorlage und seine Charaktere respektiert, dabei aber auch Raum für Neues schafft, begeistert mich ebenfalls. Neue Spieler erhalten mit dem Remake aber nichtsdestotrotz einen weitestgehend originalgetreuen und damit empfehlenswerten Einstieg in die Final Fantasy Welt, die auch ohne Hintergrundwissen eine starke Faszination ausüben kann.

    Mich hat FF7re zumindest zutiefst beeindruckt – und ungleich stärker beschäftigt, als jedes andere Spiel. Es ist neben den Souls-Spielen auch das einzige neuzeitliche Spiel, welches ich drei Mal beendet habe und noch immer spiele. Und mich hat auch noch kein anderes Spiel häufiger zu Tränen gerührt – und dies stets aufs Neue. Wobei mich das Charakter- und Weltendesign gar so sehr anspricht, dass ich von diesem Spiel alleine schon tausende Bildaufnahmen gemacht habe. Auch in Bezug auf das Kampfsystem und die Bossbegegnungen hat FF7re all meine Erwartungen übertroffen. Dies gilt ebenso für den Soundtrack und die vielen charmanten Charaktersequenzen.
    Die Gesellschaftskritischen Spielthemen bieten desweilen zwar einen Denkanstoss, wirken aufgrund des Fantasie-Settings aber nie politisch oder erzwungen. Zudem zeigt sich das Remake auch in einigen anderen Bereichen überraschend erwachsen, dramatisch und düster, ohne Gräueltaten effektiv zeigen zu müssen. So schafft es das Spiel dann auch immer wieder zwischen humorvollen, charmanten, liebenswerten ernsten, dramatischen und traurigen Gefühlslagen hin und her zu springen ohne unstimmig zu wirken.
    Für mich ist FF7re deshalb Nichts weniger als ein unterhaltungstechnisches Meisterwerk, welches mir wie schon FF7 stets in besonderer Erinnerung bleiben wird, und dabei gar den ersten Platz unter meinen Lieblingsspielen einnimmt.

    Nachtrag: Ich habe im Jahr 2020 (gemäss meiner Playstation Statistik) 281 Stunden mit FF7re verbracht. ^^
    Womit es neben Nioh 2 und MHW Iceborne mein meist gespieltes 2020-Game ist. :)
    Nioh 2 und FF7re sind zudem die einzigen Spiele die ich 2020 platiniert habe.
    (Trophies interessieren mich aber auch erst, wenn ich ein Spiel wirklich wertschätze.)


    Gesamt
    100%
    Grafik
    95%
    Sound
    100%
    Story
    100%
    Technik Motivation Steuerung

    +Ein mitreissendes, audiovisuell kunstvoll inszeniertes Meisterwerk vollgepackt mit liebevollen Charaktermomenten (Emotionen) und tollen Kämpfen wie auch hohem NewGame+ Anspruch/Wiederspielwert

    +Toller Storytwist (erlaubt unvorhersehbare Handlungsstränge wofür ich absolut offen bin) SOFERN man es nicht derart auf die Spitze treibt wie in Kingdom Hearts ;)

    +Auf Japanisch perfekt, auf Englisch herausragend und auf Deutsch super gelungen. ;) Ist aber auch geschmacksabhängig

    +Das für mich soweit beste singleplayer RPG Echtzeit-Gruppenkampfsystem (mit genialem slow-motion Effekt bei der Fähigkeitsauswahl für ein rundenbasiertes Spielgefühl)

    -Für einige Spieler leider nur ein unfertiges, kurzes Spiel mit unnötigen Nebenquests, langgezogenen Abschnitten und doofen Storyänderungen (kann ich zwar nicht nachvollziehen - aber jedem seine Meinung) ^^

    -Fortsetzung - wann? ^^

    -Übersetzung nicht zu 100% stimmig aber doch sehr gelungen und hin und wieder auch amüsanter

    -Es können nur 10 manuelle Spielstände angelegt werden / Einige Texturschwächen


    gespielt: 150h | beendet: |18.07.2020
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    Michel B.

    Status: Aktiv


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